Mit einer 2-monatigen Verspätung hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nun endlich das Eckpunktepapier zur Einführung einer verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung bekannt gegeben. Dieses Eckpunktepapier wird die Grundlage für den Referentenentwurf für das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz sein, welcher dann innerhalb der Bundesregierung abgestimmt wird und den Ländern und Verbänden zur Stellungnahme zugeleitet wird. Dieses Eckpunktepapier aus dem Agrarministerium sieht 5 Haltungsformen vor: Haltungsform Stall (gesetzlicher Mindeststandard), Haltungsform Stall und Platz (20 Prozent mehr Platz), Haltungsform Frischluftstall, Haltungsform Auslauf/Freiland und Haltungsform Bio. Diese verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung soll nun schrittweise eingeführt werden – beginnend mit Schweinefleisch. Entsprechende Kennzeichnung für Rinder, Milchvieh und Geflügel sollen folgen.
Es besteht hier noch erheblicher Beratungs- und Nachbesserungsbedarf, weil der vorliegende Entwurf erhebliche Mängel aufweist.
Ich habe in den vergangenen Monaten mehrere Schweinehaltungsbetriebe in Sachsen-Anhalt mit unterschiedlichen Haltungsstufen besichtigt und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass eine eigene Stufe Biohaltung nicht sachgerecht ist. Die konventionelle Schweinehaltung kann durchaus mit genauso viel Tierwohl erzeugt werden wie eine Biohaltung. Entscheidend für den Bioaspekt sind hier beispielsweise der Einsatz biologisch erzeugter Futtermittel und der minimale Einsatz von Antibiotika. Warum sollte man das bestehende Tierschutzlabel der Initiative Tierwohl mit Stufe 1 bis Stufe 4 über Bord werfen und wieder eine völlig neue Systematik einführen? Damit verwirrt man nur unnötig die Kunden und gefährdet die breite Akzeptanz der Tierwohlkennzeichnung.
Wenn Deutschland mit dieser verpflichtenden Haltungskennzeichnung die nationalen Standards anhebt, bedeutet dies eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung gegenüber den Produzenten aus dem Ausland. Nur wenn für den Verbraucher sichtbar wird, wo das Fleisch herkommt, macht eine Haltungskennzeichnung Sinn. Deshalb muss gleichzeitig mit dem Tierwohllabel eine Herkunftskennzeichnung auf dem Weg gebracht werden.
Flankierend muss darüber hinaus dringend das Baurecht und das Immissionsschutzgesetz novelliert werden. Langfristig bedarf es eines tragfähigen und verlässlichen Finanzierungskonzepts nicht nur für den Stallumbau, sondern insbesondere für die dann höheren laufenden Betriebskosten. Tierhalter brauchen jetzt verbindliche Finanzierungskonzepte, um das Risiko der langfristig kalkulierten Investitionen in den Stallumbau überhaupt einzugehen.
BMEL Eckpunkte Tierhaltungskennzeichnung